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Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 11.12.2008
Aktenzeichen: 2 W 271/08
Rechtsgebiete: ZPO, JVEG
Vorschriften:
ZPO § 91 | |
ZPO § 104 | |
ZPO § 380 | |
JVEG § 19 | |
JVEG § 20 |
2 W 271/08
Beschluss
In der Beschwerdesache
hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch den Richter am Oberlandesgericht Dr. L. am 11. Dezember 2008 beschlossen:
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde des Zeugen vom 17. November 2008 wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers der 4. Zivilkammer vom 10. Oktober 2008 unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:
Die aufgrund des rechtskräftigen Beschlusses des Landgerichts Hildesheim vom 18. Oktober 2007 von dem Zeugen H. B. B. an den Kläger zu erstattenden Kosten werden auf 275 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 8. Januar 2008 festgesetzt.
Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Zeuge zu 56 % und der Kläger zu 44 % zu tragen.
Die Gebühr Nr. 1812 des Kostenverzeichnisses, Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG wird auf die Hälfte ermäßigt.
Der Beschwerdewert beträgt bis zu 600 EUR.
Gründe:
I.
Mit Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Hildesheim vom 18. Oktober 2007 wurde gegen den Zeugen und Beschwerdeführer ein Ordnungsgeld in Höhe von 550 EUR verhängt und ihm die durch sein Ausbleiben im Termin vom 2. August 2007 entstandenen Kosten auferlegt. Auf der Grundlage dieses Beschlusses beantragte der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Festsetzung eigener Reisekosten in Höhe von 15,60 EUR sowie Zahlung eines Betrages in Höhe von 1.437,50 EUR als Zeitaufwand. Darüber hinaus wurde die Festsetzung von Fahrtkosten des Klägers mit dem eigenen Pkw in Höhe von insgesamt 492 EUR sowie Festsetzung eines Zeitaufwandes in Höhe von 720 EUR beantragt. Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 10. Oktober 2008 hat der Rechtspfleger der 4. Zivilkammer des Landgerichts Hildesheim die von dem Zeugen an den Kläger zu erstattenden Kosten auf einen Betrag in Höhe von 493,10 EUR nebst Zinsen festgesetzt. Zur Begründung hat der Rechtspfleger ausgeführt, dass die Reisekosten des Anwalts von H. bis nach B.E. bis nach H. 237,60 EUR betragen würden. Zusätzlich seien 60 EUR Abwesenheitsgeld nach Nr. 7005 VV-RVG sowie ein Verdienstausfall nach § 22 JVEG mit einer Höchstgrenze von je 17 EUR pro Stunde festsetzungsfähig. Bei einem Verdienstausfall von 11,5 Stunden ergebe sich mithin ein Betrag in Höhe von 195,50 EUR und somit festsetzungsfähige Kosten des Anwalts in Höhe von insgesamt 493,10 EUR. Die Kosten des Klägers seien hingegen nicht festsetzungsfähig, weil Reisekosten zur Teilnahme an einem Verhandlungstermin auch bei anwaltlicher Vertretung grundsätzlich nicht erstattungsfähig seien. Ebenso wenig sei die Zeitversäumnis der Partei erstattungsfähig. Gegen dieses Beschluss hat der Zeuge mit Schriftsatz vom 17. November 2008 sofortige Beschwerde eingelegt und zur Begründung ausgeführt, dass durch sein Ausbleiben im Termin am 2. August 2007 dem Prozessbevollmächtigten des Klägers keine Kosten entstanden seien, weil in dem Termin am 2. August auch andere Zeugen angehört und mithin dieser Termin ohnehin mit Beweisaufnahme stattgefunden hätte. Außerdem sei der Rechtsstreit noch nicht entscheidungsreif gewesen.
II.
Die gemäß § 11 Abs. 1 RPflG i. V. m. §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2, 569 ZPO zulässige, insbesondere form und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist teilweise begründet.
1. Ohne Erfolg macht der Zeuge geltend, dass die in Ansatz gebrachten Kosten nicht festsetzungsfähig seien, weil im Termin am 2. August 2007 andere Zeugen vernommen worden seien. Wenn einem Zeugen die durch sein Ausbleiben verursachten Kosten auferlegt werden, ist er zur Erstattung all derjenigen Kosten eines Verfahrensbeteiligten verpflichtet, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren (vgl. BGH NJW-RR 2005, 725 ff. zitiert nach JURIS Rdz. 18). Der anwaltlich beratene Zeuge verkennt insoweit, dass ihm nur diejenigen Kosten auferlegt worden sind, die durch sein Ausbleiben im Termin am 2. August 2007 entstanden sind. Dazu gehören nämlich die Kosten, die dadurch notwendig wurden, dass ein neuer Termin zur Vernehmung des Zeugen anberaumt werden musste. Zu den festsetzbaren Kosten zählen daher insbesondere die durch einen neuen Gerichtstermin bedingten Reisekosten einer Partei (vgl. Musielak/Huber, ZPO, 6. Auflage, § 380 Rdz. 3).
2. Der Kostenfestsetzungsbeschluss weist aber andere schwere inhaltliche Mängel auf.
a) Zu Unrecht hat der Rechtspfleger der 4. Zivilkammer des Landgerichts Hildesheim zu Gunsten des Klägers auf der Grundlage von § 22 JVEG einen Betrag in Höhe von 195,50 EUR als Verdienstausfall (des Prozessbevollmächtigten des Klägers) festgesetzt. Der Rechtspfleger hat verkannt, dass es für die Festsetzung eines Verdienstausfalls für den Rechtsanwalt des Klägers an einer gesetzlichen Grundlage fehlt. § 22 JVEG enthält eine Regelung, die ausschließlich Zeugen betrifft und gemäß § 91 Abs. 1 Satz 2 ZPO in entsprechender Anwendung nur auf den Gegner - das ist die gegnerische Partei (vgl. Baumbach/Lauterbach/ Albers/ Hartmann, ZPO, 67. Aufl., § 91 Rdz. 26) - Anwendung findet. Eine Anwendung dieser Vorschrift auf einen Prozessbevollmächtigten der Partei ist mithin ausgeschlossen. Der Festsetzung eines Verdienstausfalls für den Prozessbevollmächtigten einer Partei steht im Übrigen entgegen, dass zu den festsetzungsfähigen Kosten eines Rechtsstreits gemäß § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO nur die gesetzlichen Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts gehören. Für die Wahrnehmung von Terminen enthält der Rechtsanwalt aber keine Verdienstausfallentschädigung, sondern lediglich das Abwesenheitsgeld gemäß Nr. 7005 VV-RVG, welches zugleich Entschädigung für die wegen einer Reise nicht mögliche Ausübung sonstiger Geschäfte ist (vgl. BayObLG MDR 1987, 870. Gerold/Schmidt/Madert, RVG, 18. Aufl., 7005 - 7007 VV Rdz. 1). Schon im Hinblick auf das dem Rechtsanwalt zustehende Abwesenheitsgeld gehört der bloße Zeitverlust daher nicht zu den im Rahmen der Kostenfestsetzung gesondert zu berücksichtigenden Kosten (vgl. mit anderer Begründung Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, a. a. O., § 380 Rdz. 10).
b) Erstattungsfähig ist aber die Zeitversäumnis der Partei selber. Gemäß § 91 Abs. 1 Satz 2 ZPO umfasst die Kostenerstattung auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis, wobei gem. § 91 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden sind. Richtigerweise hätten daher eine Entschädigung des Klägers wegen seiner Zeitversäumnis festgesetzt werden müssen.
Zu Unrecht hat der Rechtspfleger die Auffassung vertreten, dass die Festsetzung einer Entschädigung für Zeitversäumnis mangels Notwendigkeit der Terminswahrnehmung ausscheide. Der Rechtspfleger hat insoweit verkannt, dass die Notwendigkeit der Terminswahrnehmung nicht nur dann gegeben ist, wenn das Gericht das persönliche Erscheinen der Partei angeordnet hat. Von einer Notwendigkeit im Sinne von § 91 ZPO ist vielmehr auch dann auszugehen, wenn die Wahrnehmung des Termins durch eine Partei aus sonstigen Gründen sachdienlich ist, was regelmäßig bei der Teilnahme an Beweisaufnahmeterminen zu bejahen ist (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 27. Aufl., § 91 Rdz. 13 "Reisekosten". Musielak/Wolst, ZPO, 6. Auflage, § 91 Rdz. 63).
Soweit es die Höhe der festzusetzenden Entschädigung für die Zeitversäumnis der Partei betrifft, ist die Entschädigung jedoch gem. § 91 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 i. V. m. § 20 JVEG auf einen Betrag in Höhe von drei EURO je Stunde beschränkt, weil weder für einen Verdienstausfall noch für Nachteile bei der Haushaltsführung eine Entschädigung zu gewähren ist. Die Festsetzung eines Verdienstausfalls für den Kläger kommt mangels konkreten und glaubhaft gemachten Vortrags hierzu nicht in Betracht. Die Angaben im Kostenfestsetzungsantrag zu Grunde gelegt, wonach die Zeit für die Wahrnehmung des Termins einschließlich An und Rückreise 11,5 Stunden betragen hat, war gem. § 19 Abs. 2 JVEG daher lediglich für einen Zeitraum von 10 Stunden eine Entschädigung für Zeitversäumnis in Höhe von insgesamt 30 EUR festzusetzen.
c) Auch Reisekosten sind nur in Höhe eines Betrages von 185 EUR festsetzungsfähig.
Der Rechtspfleger hat zunächst verkannt, dass dem Rechtsanwalt eigene Reisekosten in Höhe von 237,60 EUR nicht entstanden sind, weil er mit dem Kläger in dessen PKW angereist ist.. Darüber hinaus ist die Festsetzung von Kosten des Rechtsanwalts in dieser Höhe nicht beantragt worden. Denn im Kostenfestsetzungsantrag sind lediglich Reisekosten des Anwaltes in Höhe von 15,60 EUR geltend gemacht worden. Die geltend gemachten Reisekosten des Klägers in Höhe von 492 EUR hat der Rechtspfleger aber ausweislich der Begründung seines Kostenfestsetzungsbeschlusses nicht für festsetzungsfähig erachtet. Diese Auffassung ist allerdings ebenfalls rechtsfehlerhaft, wobei zur Begründung auf die Ausführungen sub. 1 zur Entschädigung wegen Zeitversäumnis Bezug genommen wird.
Fahrtkosten des Klägers können aber nur in Höhe eines Betrages von 185 EUR festgesetzt werden. Auch hinsichtlich der Reisekosten einer Partei gilt, dass sich die Höhe der Entschädigung nach den für Zeugen geltenden Vorschriften des JVEG richtet (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 67. Auflage, § 91 Rdz. 94). Zeugen erhalten bei der Anreise mit eigenem Kraftfahrzeug als Fahrtkostenersatz gem. § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 JVEG jedoch nur 0,25 EURO je gefahrenen Kilometer, so dass sich bei einer Entfernung von insgesamt 740 km für Hin und Rückreise ein erstattungsfähiger Betrag in Höhe von 185 EUR ergibt.
Weitere Reisekosten in Höhe von 15,60 EUR für die Anreise des Rechtsanwaltes von seinem Geschäftssitz bis zum Wohnsitz der Partei sind mangels Notwendigkeit i. S. von § 91 ZPO nicht festsetzungsfähig. Reisekosten eines Rechtsanwaltes mit Sitz an einem dritten Ort werden nur in Höhe der fiktiven Reisekosten abgerechnet, die bei Beauftragung eines Prozessbevollmächtigten am Gerichtsort oder am Geschäfts bzw. Wohnort der Partei angefallen wären (vgl. Zöller/Herget, a. a. O., § 91 Rdz. 13 "Reisekosten"). Reisekosten des Rechtsanwalts wären daher ebenfalls nur für die Strecke zwischen dem Wohnort des Klägers und dem Gerichtsort erstattungsfähig gewesen. Solche Reisekosten sind dem Anwalt jedoch nicht entstanden, weil er ausweislich seiner Angaben im Kostenfestsetzungsantrag vom Kläger persönlich mit dessen PKW mitgenommen worden ist.
3. Die Ausführungen zu 2. zu Grunde gelegt ergeben sich mithin folgende festzusetzenden Beträge:
Reisekosten der Partei: 185 EUR
Entschädigung für Zeitversäumnis der Partei: 30 EUR.
Tagegeld gem. Nr. 7005 VV-RVG: 60 EUR
Summe: 275 EUR.
Der Senat war auch nicht an einer geänderten Festsetzung gehindert, weil das Verschlechterungsverbot nur in Bezug auf den festgesetzten Betrag, nicht aber in Bezug auf die einzelnen ihm zu Grunde liegenden Positionen gilt (vgl. von Eicken/ Hellstab/Lappe/Madert/Mathias, Die Kostenfestsetzung, 19. Auflage, Rdz. B 211). Ein Austausch der festzusetzenden Positionen war daher zulässig (vgl. von Eicken/Hellstab/Lappe/Madert/Mathias, a. a. O., Rdz. B 200).
4. Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten beruht auf den §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.
5. Die Entscheidung über die Ermäßigung der Gerichtsgebühren beruht auf Nr. 1812 Satz 2 des Kostenverzeichnisses, Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG.
Ende der Entscheidung
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